Mit Bravour durch den PKV-Hindernisparcours
Bestandskunden, die PKV-intern in einen preiswerteren Tarif wechseln wollen, um ihren Monatsbeitrag bei vergleichbaren Leistungen dreistellig zu senken, müssen einen Hindernisparcours absolvieren.
Warum? Weil keine PKV für gleichwertige Leistungen auf 30 - 50% des Beitrags verzichten möchte. Dazu kommt der administrative Aufwand eines Tarifwechsels, den PKVs nur zu gerne vermeiden.
Erfahren Sie, welche Tarifwechsel-Hürden aufgebaut werden, und warum Sie es ohne Unterstützung durch einen spezialisierten Experten schwer haben, mit Bravour durch den PKV-Parcours zu kommen.
Video-Zusammenfassung "Mit Bravour durch den PKV-Hindernisparcours"
Tarifwechsel durch Tarifselektion verhindern
Das größte und häufigste Hindernis ist die Tarifselektion im Sinne der PKV.
Auf Anfrage bekommen Kunden unter 60 Jahren oft zu hören, dass für sie keinen preiswerteren Tarifalternativen verfügbar seien.
Plan B: Es werden kaum günstigere, aber leistungsmäßig deutlich schlechtere Alternativen angeboten.
Plan C: Es werden (spätestens nach Berücksichtigung der höheren Selbstbeteiligung) nur teurere Alternativen angeboten, wodurch der Eindruck erweckt wird, dass es keine preiswerteren Tarife gibt.
Wenn bei über 60-Jährigen der Beitrag im aktuellen Tarif steigt, muss der Kunde über gleichartige Alternativen (Tarife, die ebenfalls ambulant, stationär, ggfs. Zähne und Kur/Reha abdecken), die bei verständiger Würdigung seiner Interessen (Beitragssenkung) in Betracht kommen, informiert werden.
Dennoch wird oft gerade die preiswerteste Tarifalternative überhaupt nicht oder zumindest nicht in der unter dem Strich günstigsten SB-Stufe angeboten.
Die Allianz hat in den letzten Jahren den neuzugangsstärksten Tarif, der Ü60 bei Beitragssteigerung im aktuellen Tarif angeboten werden muss, in Abhängigkeit vom Ausgangstarif des Kunden variiert, so dass oft der Eindruck entsteht, dass keine preiswerteren Alternativen verfügbar sind.
Eine besonders perfide Variante der Selektion funktioniert wie folgt: Der Experte fragt z. B. 5 Tarife für den Kunden an. Die PKV erkennt die Vollmacht des Experten nicht an und schickt die Berechnungen deshalb an den Kunden, allerdings nur für z. B. 3 der 5 angefragten Tarife, wobei die Berechnungen für die beiden preiswertesten Tarife weggelassen werden.
Der Kunde überfliegt die Angebote, denkt, dass der Experte auch nicht viel Ahnung hat und sagt diesem nur: "Da war nichts Interessantes dabei". Der im internen Tarifwechsel unerfahrene Makler gleicht die von ihm angefragten nicht mit den direkt an den Kunden gelieferten Berechnungen ab. Also bleibt alles beim Alten, zum Nachteil des Kunden.
Tarifwechsel ohne oder mit ungeeignetem Leistungsvergleich erschweren
Ein ebenfalls kaum überwindbares Hindernis ist das Fehlen eines anschaulichen Vergleichs aller Leistungsunterschiede zwischen dem aktuellen und den alternativen Tarifen.
Kunden erhalten von PKVs z. B. oft nur einzelne, sehr umfangreiche Leistungsbeschreibungen über viele Seiten, aber keine direkte Gegenüberstellung der Tarife (etwa in den Spalten einer Tabelle).
Falls es eine Art Gegenüberstellung gibt, dann meist nur für die Kernleistungen der Tarife.
Was immer fehlt, ist eine Bewertung der jeweiligen Leistungen (z. B. mit Sternen), ohne die der Kunde die Relevanz der Vor- und Nachteile nur schwer greifen bzw. gegeneinander abwägen kann.
Was auch immer fehlt bzw. was nur spezialisierte Experten bieten können: Die persönliche Vorstellung des Vergleichs inkl. Erläuterung aller Fachbegriffe und die Beantwortung von individuellen Fragen.
Das Resultat ist meist, dass Kunden sich im Alleingang nicht trauen, ihren Tarif zu wechseln, v. a. wenn noch die entsprechende Abwehr-Kommunikation dazukommt, siehe übernächster Punkt.
Tarifwechsel kalkulatorisch unattraktiv machen
Alternativen werden z. B. durch einen Nachlass auf den aktuellen Tarif, der in günstigeren Tarifen nicht oder zumindest nicht in derselben Höhe gewährt würde, rechnerisch unattraktiver gemacht.
Die Gothaer versucht mit extrem hohen Risikozuschlägen ("Wagniszuschlag"), die angefragten Tarife finanziell unattraktiv erscheinen zu lassen. Zudem erhält der Kunde die vom Experten angeforderten Tarife parallel zum oder sogar vor dem Experten. Hat der Kunde die "berechneten" Beiträge gesehen, hört er dem Experten nicht mehr zu und will auch nichts davon wissen, dass ein Mehrleistungsverzicht den Wagniszuschlag wegzaubern würde.
Tarifwechsel kommunikativ unattraktiv machen
Die Allianz gibt sich besonders Mühe, den Eindruck zu erwecken, dass günstiger gleich schlechter ist:
96% der Kunden behalten nach einer Beitragsanpassung ihren Versicherungsschutz unverändert bei. Wenn ... Sie die umfangreichen Leistungen ... beibehalten möchten, sind keine weiteren Schritte nötig. ... Ein Wechsel in einen preisgünstigeren Tarif ist in der Regel mit geringeren Leistungen verbunden.
Weitere, nicht wörtliche Beispiele unterschiedlicher Gesellschaften, mit denen verunsichert wird:
"Wechsel in Tarif mit schlechteren Leistungen bedeutet Gesundheitsprüfung, wenn in Zukunft wieder bessere Leistungen gewünscht werden." ist zwar richtig, aber wer hat Angst vor ein paar Kreuzchen?
"Wechsel in Unisex-Tarif bedeutet Gesundheitsprüfung." ist zwar wegen zumindest ambulant meist besserer Leistungen richtig, aber selbst wenn es nach Gesundheitsprüfung (= Kreuzchen, siehe oben) einen hohen Risikozuschlag geben sollte, kann dieser durch Mehrleistungsverzicht vermieden werden.
Zusätzlich zur Gesundheitsprüfung fordert die Generali für den Wechsel in Unisex-Tarife - zumindest schriftlich, manchmal auch tatsächlich - Arztberichte von Haus- und Zahnarzt.
"Wechsel in Unisex bedeutet, dass ein späterer Wechsel in den Standardtarif nicht mehr möglich ist", ist zwar richtig, aber oft irrelevant, da es bei den meisten PKVs leistungsmäßig viel bessere Tarife gibt, die günstiger sind.
"Dieser Tarif ist schlecht und wird bald viel teurer." Die Generali drückt es zwar anders aus, will aber den Wechsel in diesen Tarif, der ambulant und stationär keinesfalls schlecht ist, unbedingt verhindern.
Bitte beachten Sie: Ein Wechsel in diesen Tarif ist grundsätzlich möglich, wir raten unseren Kunden von diesem Tarif ausdrücklich ab. Wir empfehlen andere Tarifalternativen mit einem zeitgemäßen und umfassenden Gesundheitsschutz. Der gewünschte Tarif entspricht mit seinem teilweise veralteten Leistungsumfang diesem Anspruch nicht mehr. Ein zukünftig beabsichtigter Wechsel in einen Tarif mit einem soliden Grundschutz bedeutet unter Umständen eine Erhöhung des Versicherungsschutzes dieser Tarifwechsel ist dann - aufgrund von Mehrleistungen - nur mit einer erneuten Gesundheitsprüfung möglich Zusätzlich weisen wir ausdrücklich darauf hin: Zukünftig ist mit größeren Beitragsanpassungen zu rechnen. In diesem Tarif ist der Rechnungszins derzeit noch mit einem hohen Wert eingerechnet (z.B. 3,3% bei männlichen Versicherten). Im Rahmen von anstehenden Beitragsanpassungen wird auch der Rechnungszinssatz aktualisiert. Der im Moment noch vergleichsweise niedrigere Beitrag wird sich dadurch deutlich erhöhen.
"... vergleichsweise niedrigere Beitrag ..." ist für den Tarif mit Zweibettzimmer und Chefarztbehandlung etwas tiefgestapelt. Der Vorteil vs. andere Zweibettzimmer-Tarife beträgt oft über 250 Euro/Monat.
Auch durch Weglassen kann kommuniziert werden: So werden unerwünschte Wechsel (nicht nur von der Gothaer) häufig mit hohen Risikozuschlägen abgewehrt. Dass bei Verzicht auf die Mehrleistungen des beantragten Tarifs keinerlei Risikozuschlag erhoben würde, erwähnt keine der PKVs ungefragt.
Tarifwechsel behindern, indem der Prozess in die Länge gezogen wird
Anfragen zum Thema Tarifwechsel werden z. T. ähnlich fix bearbeitet wie zur Kostenübernahme eingereichte Rechnungen: gar nicht oder erst nach Monaten (Allianz, Barmenia).
Nachdem ein Tarifwechselantrag inklusive Beantwortung von Gesundheitsfragen (Ankreuzen von Ja oder Nein) gestellt ist, wird häufig mit zusätzlichen Anforderungen (ARAG, DKV, Gothaer, Hallesche), der sog. Nachbearbeitung, der Ball - durchaus auch mehrfach - zurückgespielt.
PKVs wissen, dass viele Kunden ihren Tarifwechselwunsch irgendwann resigniert aufgeben, wenn ihnen nur genügend Steine in den Weg gelegt werden.
Tarifwechsel durch Ignorieren von Gesetzen und Urteilen verhindern
Klassiker sind: "Dieser Tarif wird nicht mehr angeboten." und "Dieser Tarif ist bereits geschlossen.", was für Bestandskunden, die den Tarif PKV-intern wechseln wollen, keinerlei Relevanz hat.
Die Generali setzt zwei Serienbriefe ein, mit denen sie beantragte, aber nicht erwünschte Tarifwechsel - ohne das Angebot eines Risikozuschlages oder eines Mehrleistungsausschlusses - häufig ablehnt. Nach unserer Erfahrung hält das sogar nicht auf Tarifwechsel spezialisierte Versicherungsmakler ab - obwohl Tarifwechselanfragen gemäß § 204 VVG eigentlich nicht rundweg abgelehnt werden dürfen.
Ob ein präventiver Mehrleistungsverzicht möglich ist, um das Prozedere stark abzukürzen, wenn, z. B. wegen einer Krebserkrankung, klar ist, dass es auf einen generellen Mehrleistungsverzicht hinausläuft, ist juristisch durchaus umstritten.
Umgekehrt versuchen PKVs meist, einen generellen statt eines nur auf hinzugekommene Krankheiten beschränkten, teilweisen Mehrleistungsverzichts durchzusetzen, was rechtens, aber nicht zwingend ist. Der leistungsmäßige Unterschied zwischen pauschalem und selektivem Mehrleistungsausschluss kann ziemlich groß sein, weshalb Expertise und Hartnäckigkeit an dieser Stelle besonders wichtig sind.
Tarifwechsel im Alleingang oder besser mit Sherpa?
Die Verbraucherzentrale schreibt: Lassen Sie sich auf jeden Fall vorab gut beraten. Für den Laien ist der Tarifdschungel kaum zu durchblicken und Leistungen sind schwer zu vergleichen.

Aus unserer Sicht reichen die Kenntnis der preiswertesten Tarife und ein professioneller Tarifvergleich für erfolgreiche Tarifwechsel nicht aus. Ohne Praxiserfahrungen bzgl. der langfristigen Auswirkungen von Risikozuschlag vs. Mehrleistungsverzicht und genaue Kenntnis Ihrer Rechte, scheitern Alleingänge.
Je vorteilhafter eine Tarifalternative für Sie, desto größer der Beitragsverlust für Ihre PKV und desto zahlreicher und höher dementsprechend die Hürden.











